Bildungsreform 2015 – Machtpolitik oder Sachkompetenz? (1-2)

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Am 17.11.2015 wurde die lange angekündigte Bildungsreform der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Kommission – bestehend aus Bund- und Ländervertretern – wurde im Oktober 2014 aufgestellt. Im Sommer 2015 stiegen die Landeshauptleute Hans Niessl und Erwin Pröll aus, ihnen folgten die Landeshauptleute Michael Häupl und Wilfried Haslauer. Für den Bund verhandelten die Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, Minister Josef Ostermayer, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sowie Staatssekretär Harald Mahrer.

Wichtige Stakeholder waren nicht eingebunden

Punktiert wurde zwar noch mit Lehrervertretern gesprochen. Aber mit anderen Stakeholdern wie Elternvertretern, Schülervertretern, den Mitgliedern des Bundes-Schulgemeinschaftsausschuss (B-SGA) oder Direktorenvertretern konnte/wollte die Kommission (angeblich wegen des vereinbarten Stillschweigens über die Zwischenergebnisse) nicht kommunizieren. Der Unmut dieser Stakeholder war daher schon vor dem 17.11.2015 groß.

Die Themen des Reformpapiers

Die großen Themenbereiche, die in den Überlegungen angeschnitten wurden, waren: Elementarpädagogik, Verwaltungsreform, Schulautonomie, Digitaler Unterricht.

Und natürlich die Gesamtschule. Diese wurde eigentlich erst nach den Wiener Wahlen zum Thema. Davor hieß es, man klammere diese Thematik aus, da keine Übereinstimmung zu erhalten sei. Aber auf Wunsch der Wiener SPÖ und ihres Koalitionspartners Die Grünen wurde auch das noch möglich. Der Kompromiss: 15% der Schulen können Modellregion werden. Ohne Abstimmung an einer Schule, wo bis jetzt eine 2/3 Mehrheit der Lehrer und Eltern für eine solche Entscheidung notwendig war. Die Mitbestimmung wurde jetzt umformuliert zu einer „Miteinbindung“, deren Bedeutung unklar bleibt.

Elementarpädagogik: Wissenschaftlich steht fest, dass die Elementarpädagogik extrem wichtig ist, und hier am besten Bildungsdefizite ausgeglichen werden könnten. Könnten – der Konjunktiv ist notwendig, da es dafür viele Rahmenbedingungen braucht: Hier kommt man sofort zur Ausbildung der Kindergartenpädagogen, zu Gruppengrößen und speziellen Fachausbildungen. Und man bräuchte genug Personalressourcen. Das Geld fehlt, da Länder und Gemeinden bereits den „Gratiskindergarten“ finanzieren müssen. Tertiäre Ausbildung für Elementarpädagogik wird sich wohl auch im Gehalt der KindergartenpädagogInnen niederschlagen müssen. Hat Österreich überhaupt mit einem (halben) Lehrstuhl in Innsbruck (eine mit der PH Vorarlberg geteilte Stiftungsprofessur) und einem (derzeit vakanten) Lehrstuhl in Graz ausreichend universitäre Kapazitäten für eine solche Ausbildung?

Bildungskompass: klingt völlig neu und unglaublich innovativ, ist er aber nicht, es gab schon Portfolios über Vorschulkinder, und von der Erhebung des Förderbedarfs alleine ändert sich noch nichts. Fraglich ist, wie die notwendigen Fördermaßnahmen umgesetzt werden – wo, wer zahlt, wer kontrolliert? Und ob das alles ohne zusätzliche budgetäre Mittel funktionieren wird? Es darf daran gezweifelt werden.

Die Einführung von High-Speed-Internet und Digitalisierung ist im Reformpapier enthalten, allerdings mehr als Wunsch formuliert, da auch hier Kostenneutralität gilt (Zur Umsetzung wurden bis jetzt keine Details genannt). Tatsächlich haben Schulen zum jetzigen Ausgangszeitpunkt höchst unterschiedliche Ausstattungen, auch die Umsetzung im Unterricht variiert extrem. Sinnvoll wäre es, auch nicht hier alle Schultypen über einen Kamm zu scheren. Für höhere Schulen wurde eigentlich mit den Gesetzen zur zentralen Reifeprüfung bereits entschieden, dass diese 2018 an allen maturaführenden Schulen digital geschehen soll. Prinzipiell ein guter Zugang – erspart man sich viel gedrucktes Papier und Transportlogistik. Aber noch gibt es an manchen Schulen nicht einmal genug Steckdosen, um eigene Laptops zu verwenden. Folglich wird mancherorts versucht, einen Großteil der Kosten über sogenannte Laptopklassen an die Eltern auszulagern.

Weiterlesen: Teil 2 zu Schulautonomie und Verwaltungsreform

 

Susanne Schmid, Die Weis[s]e Wirtschaft

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