Hypo goes Heta – Die Zeiten ändern sich, die Methoden nicht

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Als die Hypo Alpe-Adria Bank 2007 von der BayernLB erworben wurde, tönte der damalige Landeshauptmann Haider „Kärnten ist reich“. Heute ist der Zahltag gekommen und die amtierende Landesregierung redet Kärnten arm. Beides entspricht nicht der Wahrheit. Im Jahr 2009 war Kärnten bereits mit rd. 20 Milliarden an Haftungen nahe am Bankrott. Und heute ist Kärnten nicht so arm, wie man glauben machen will.

Das arm reden hat freilich eine klare Zielsetzung:

Den Gläubigern des Landes soll mitgeteilt werden, dass sie ihre Forderungen abschreiben sollen und vom Land nichts zu erwarten ist. Verschiedentlich bedient man sich auch einer unlauteren Argumentation: Die Gläubiger seien – so hört man gelegentlich – ja Spekulanten, die eigentlich nicht schutzwürdig sind. Sie hätten diese Verträge, deren Erfüllung sie nun verlangen, ja gar nie abschließen dürfen.

Diese Argumentation muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen:

Da schließen Versicherungen und andere Investoren mit der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank Verträge und erwerben zum Teil mündelsichere Papiere. Sie konnten davon ausgehen, dass in Österreich eine funktionierende Bankaufsicht besteht. Neben einer Wirtschaftsaufsicht durch die Landesregierung sind ja bekanntlich noch die Oestereichische Nationalbank (OeNB) und die Finanzmarktaufsicht (FMA) sowie das Finanzministerium (BMF) verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Banken möglichst nicht Pleite gehen.

  • Mussten die heutigen Gläubiger damit rechnen, dass sich die von der Regierung unabhängige Nationalbank dazu hergibt, die Hypo noch in einem Zeitpunkt schön zu reden, als bekannt war, dass die Bank in einem desaströsen Zustand war?
  • Mussten die Gläubiger damals wirklich damit rechnen, dass die von der Regierung unabhängige Finanzmarktaufsicht doch nicht so unabhängig ist, wie es auf dem Papier steht?
  • Mussten die Gläubiger auch damit rechnen, dass die Finanzminister der Republik Österreich jahrelang versuchten, den wahren Zustand der Hypo zu vertuschen?
  • Mussten sie wissen, dass der damalige Gouverneur der Nationalbank nur – wie er im Untersuchungsausschuss selbst sagte – Schriftstücke gelesen hat, in denen er im Verteiler stand und daher wichtige Dinge nicht wusste?

Welches Vermögen steht zur Befriedigung der Gläubiger tatsächlich zur Verfügung?

Das Bundesland Kärnten ist zunächst ein Gliedstaat der Republik Österreich. Als solcher hat das Land Kärnten Anteil an der Gesetzgebung, an der Verwaltung und an der Gerichtsbarkeit. Insoweit ist Kärnten als staatliches Gebilde in seiner Existenz geschützt. Neben seiner staatlichen Funktion hat das Bundesland aber auch das Recht, Privatwirtschaftsverwaltung zu betreiben. Es kann wie ein Privater Unternehmen betreiben, Vermögen erwerben etc. Das Vermögen, das der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes Kärnten dient, ist das „Fiskalvermögen“. Mit diesem Fiskalvermögen kann das Land kann vor Gericht geklagt werden, gegen dieses Vermögen kann Exekution geführt werden und es kann auch die Insolvenz eröffnet werden.

Zum Fiskalvermögen zählen Unternehmensbeteiligungen, Rückflüsse aus Förderungsdarlehen, Eigentum an Immobilien etc; das gesamte Fiskalvermögen des Landes steht für die Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung. Dazu kommt eine oft übersehene Bestimmung der Finanzverfassung: Im § 16 Abs 2 ist ausdrücklich festgehalten, dass Ansprüche der Länder gegen den Bund aufgrund des Finanzausgleichsgesetzes nicht nur pfändbar sind, sondern dass solche Ansprüche auch im Wege der Zwangsvollstreckung verwertet werden können. Da stellt sich die Frage, ob eine geordnete Insolvenz des Landes Kärnten nicht der einfachere Weg wäre, als jahrelang ungeordnete Einzelexekutionen hinnehmen zu müssen.

Ist Kärnten also arm? Nein, soweit es um die Befriedigung der Gläubiger geht; da ist schon einiges an Vermögen vorhanden. Ja, im Hinblick auf den künftigen Wohlstand. Dieser wird in Kärnten massiv reduziert sein.

Haftet der Bund für Kärntens Schulden?

Nein. Aus § 4 F-VG läst sich aber ableiten, dass der Bund bei der Verteilung der Einnahmen an die Gebietskörperschaften im Rahmen des Finanzausgleichs auf die Belastung aller Gebietskörperschaften und auf deren finanzielle Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen hat. Dies bedeutet, dass der Bundesgesetzgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass die Existenz des Bundeslandes Kärnten als staatliches Gebilde erhalten bleibt. Eine darüber hinausgehende Beistandspflicht des Bundes besteht nicht.

 

Heinz Mayer, Verfassungsjurist

Em. o. Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer ist seit 1. Oktober 2014 von seinen Dienstpflichten an der Universität Wien (Rechtswissenschaftliche Fakultät) entbunden und im (UN)Ruhestand. Of Counsel bei LGP und als Vorsitzender einer Kommission zum Schutz der Menschenrechte im Rahmen der Volksanwaltschaft.

 

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