Andreas Kresbach über die Gründe für teilzeitarbeitende Mütter (Kleine Zeitung)

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Die Teil(-zeit)- Wahrheit

Die Ergebnisse einer jüngst vorgestellten Demografie-Studie über das Familienbild österreichischer Mütter und Väter dürften Experten und Familienpolitiker gleichermaßen unangenehm überrascht haben. Denn da zeigte sich, dass Frauen mit Kindern heute mehr in Teilzeit beschäftigt sind als früher. Das Faktum der unter Müttern verbreiteten Teilzeit wird vom sozialpolitischen Mainstream reflexartig als Rückkehr zu einem „traditionellen Rollenbild“ interpretiert, was die Lebenswelten der Familien und ihre Prioritäten aber nicht ganz richtig einschätzt.

Denn bei dieser vorschnell negativen Bewertung wird übersehen, dass die Reduzierung der Arbeitszeit für viele Familien bzw. Mütter eben die gewünschte Form der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben darstellt. Man kann jungen Frauen heute auch durchaus zutrauen, sich selbstständig für jenes Arbeitsvolumen zu entscheiden, das ihren persönlichen Präferenzen am besten entspricht. Und in der Praxis gibt es eben viele Mütter, die während der Kleinkindphase oder auch darüber hinaus eine Teilzeitarbeit bevorzugen.

Die gute Nachricht dieser Studie wird auch verschwiegen: Der Anteil der berufstätigen Frauen mit Kindern ist so hoch wie nie zuvor. Vollzeitjobs gibt es allerdings eben nicht für alle. Deshalb bleiben natürlich viele Mütter mitunter auch unfreiwillig bei der reduzierten Arbeitszeit. Die vor einigen Jahren eingeführte Elternteilzeit wird vor allem von höherqualifizierten Frauen und ihren Partnern in Anspruch genommen. Das zeigt auch, dass Teilzeitarbeit keine reine Frauensache bleiben darf, schließlich betreffen Familie und Kinder die Väter genauso. In diese Richtung zielen auch die mit dem neuen Kinderbetreuungsgeld mögliche gemeinsame bezahlte Karenzzeit und der Partnerschaftsbonus bei annähernd gleicher Aufteilung des Leistungsbezuges. Die seit Jahren steigende Väterkarenz widerlegt auch das Stereotyp der „traditionellen Rollenaufteilung“.

Was bei reduzierter Arbeitszeit wirklich familienfreundlich wäre: mehr qualifizierte Teilzeitarbeit, finanzielle Entlastung durch reduzierte Sozialbeiträge und eine Abfederung der Einkommensnachteile bei der Pension.

(Kleine Zeitung, 9.5.2017)

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