Peter Brandner und Raimund Gfrerer zur Stabilisierung der heimischen Wirtschaft (Wiener Zeitung)

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Was Österreichs Unternehmen in der Corona-Krise helfen kann: ein Stabilisierungsfonds als Ergänzung zu Staatsgarantien und ein Beteiligungsfonds als Ergänzung zu Staatskrediten.

Das Ausmaß des wirtschaftlichen Einbruchs wird vermutlich dramatischer als 2008/09 ausfallen. Die Erholung globaler Lieferketten wird im vollen Umfang erst einsetzen können, wenn nach China, Europa und USA der letzte betroffene Kontinent wieder im Normalmodus agieren kann. Entscheidend sind daher die Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen. Diese sollten weniger über das Bankensystem, sondern – zielgerichtet – direkt an die Unternehmen erfolgen, zumal das Bankensystem selbst unter Stress gerät.

Bei den Unterstützungen darf vom Grundsatz her nicht zwischen Großunternehmen oder KMU unterschieden beziehungsweise beide gegeneinander ausgespielt werden, da vielfach an Großunternehmen eine Reihe von KMU (Zulieferer) hängen. Im Sinne einer ökonomischen Gleichbehandlung muss sichergestellt sein, dass nicht nur Unternehmen, die direkt von gesetzlichen Schließungen betroffen sind, Anspruch auf Unterstützung haben, sondern auch indirekt betroffene Unternehmen (Zulieferer von Gütern und Dienstleistungen).

Es besteht Handlungsbedarf über eine kurzfristige Liquiditätssicherung hinaus. Die erfolgreiche Bekämpfung der Krise erfordert Maßnahmen, die im „Schutzschirm für die österreichische Volkswirtschaft“ der österreichischen Bundesregierung noch nicht vorgesehen sind. Sie müssen an zwei Punkten ansetzen:

  • Entlastung der Bank beziehungsweise ihrer Bilanzen insbesondere von kurzfristigen Forderungen (unter einem Jahr);
  • Direktbeteiligungen (Eigenkapital statt Fremdkapital) des Staates an Unternehmen, um so die Kosten für die Steuerzahler zu minimieren beziehungsweise bei erfolgreicher Rettung am Erfolg partizipieren zu können.

Daher ist zur Bewältigung der Krise nicht nur das Bankensystem heranzuziehen, sondern es sind auch Instrumente des Kapital- beziehungswiese Beteiligungsmarktes erforderlich. Unser Lösungsvorschlag: ein Corona-Stabilisierungsfonds zur Unterstützung des Bankensystems, sowie ein Corona-Beteiligungsfonds (Österreich-Treuhand) zur Unterstützung des Unternehmenssektors, die beide ergänzend zusammenwirken.

Der Corona-Stabilisierungsfonds

Als Alternative zu den klassischen staatlichen Bankgarantien entlastet der Corona-Stabilisierungsfonds unmittelbar/direkt die Kreditinstitute und erst mittelbar/indirekt die Unternehmen, indem er (Unternehmenskredit-)Forderungen der Banken übernimmt. Er wird als ABS-Finanzierungsvehikel gegründet, das vordringlich kurzfristige Finanzierungsinstrumente von Kreditinstituten übernimmt, bündelt und sich am Kapitalmarkt refinanziert, wobei im Extremfall der Bund 100 Prozent des Corona-Fonds hält.

Derzeit ist vorgesehen, dass bei schlagend werdender staatlicher Bankgarantie der Staat beziehungsweise der Steuerzahler den Verlust bis zu 80 Prozent trägt und die finanzierende Bank den Rest. Liegt die Kreditforderung jedoch beim Corona-Stabilisierungsfonds, kann dieser sie, für den Fall, dass sie uneinbringlich ist, an den Corona-Beteiligungsfonds zum selben Preis, wie er sie von der Bank erworben hat, abtreten. Im zweiten Schritte wandelt der Corona-Beteiligungsfonds die Kreditforderung gegen eine Beteiligung am Unternehmen um: Die Finanzmittel stehen so dem Unternehmen weiter zur Verfügung, und ein Corona-krisenbedingter Konkurs kann vermieden werden. Für den Staat beziehungsweise Steuerzahler sind so die Unterstützungskosten nicht verloren, da für ihn die Chance besteht, an den Nachkrisenerträgen zu partizipieren.

Um Marktverzerrungen zu vermeiden, orientiert sich der Preis, zu dem der Corona-Stabilisierungsfonds die Forderungen von den Kreditinstituten übernimmt, am internen Rating, das das Unternehmen bei den Kreditunternehmen vor Ausbruch der Krise hatte.

Der Corona-Beteiligungsfonds (Österreich-Treuhand)

Mit diesem Instrument wird einerseits direkt Eigenkapital statt Krediten für Unternehmen in der Krise bereitgestellt, anderseits übernimmt er vom Corona-Stabilisierungsfonds die Kreditforderungen, die er in Beteiligungen umwandelt. Die Abwicklung sollte nicht durch Banken oder ähnliche Institutionen erfolgen. Es bedarf vielmehr einer staatlichen unternehmerischen Organisation, nicht einer reinen Finanzierungsgesellschaft. Auch die Möglichkeit privater (oder Banken-)Beteiligung an der Österreich-Treuhand soll geschaffen werden.

Das Ziel der Österreich-Treuhand ist klar definiert: Nicht die langfristige Erzielung von Erträgen aus der Beteiligung, sondern ein möglichst rascher Ausstieg steht im Vordergrund, sobald das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens gewährleistet ist. Folglich wäre nach Beendigung der Krise und der Soforthilfe bereits nach einigen Monaten ein Strategie-Assessment, also ein Prüfen der Überlebensfähigkeit des Unternehmens im rezessiven Markt und die Evaluierung einer Ausstiegsmöglichkeit für die Österreich-Treuhand vorzusehen.

Die Krisenunterstützung wird durch eine neu einzurichtende Institution (Österreich-Treuhand) realisiert und administriert. Um von kurzfristigen Liquiditätshilfen und Förderungen strikt zu unterscheiden, sind Einstiegsvoraussetzungen zu definieren:

  • Überlebensfähiges Geschäftsmodell bereits vor der Krise;
  • Zukunftsfähigkeit (Ressourcen, Arbeitskräfte wie bisher vorhanden);
  • keine Neu- oder Umgründungen.

Eine Gleichbehandlung aller Unternehmen ist sicherzustellen. Neben der unverschuldeten ökonomischen Schieflage sind weitere Kriterien für eine Beteiligung durch den Treuhand-Fonds zu definieren (Gewinnausschüttungsverbote, Verkaufsbeschränkungen etc.). Unumgänglich sind ein aktives Controlling der Österreich-Treuhandbeteiligung und das Wahrnehmen von Eigentümerrechten, insbesondere eine aktive Mitwirkung an der strategischen Ausrichtung der Unternehmen.

Für Großunternehmen, die vielfach als Aktiengesellschaften organisiert sind, wäre das adäquate Beteiligungsinstrument die Vorzugsaktie, begleitet von einem Syndikats- beziehungsweise Gesellschaftsvertrag, der dem Staat als Minderheitseigentümer weitgehende Mitbestimmungsrechte sichert. Darüber hinaus wären auch Aktienoptionen möglich. Da KMU überwiegend als GesmbH organisiert sind, wäre das adäquate Beteiligungsinstrument eine atypische stille Gesellschaft (die Einlage geht in das Vermögen des Unternehmens ein, Beteiligung des Gesellschafters an Gewinn und Verlust, Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters). Wird die Beteiligung beendet (Exit-Szenario), muss der Eigentümer später die Möglichkeit haben, Mezzanin-Kapital (die atypisch stille Gesellschaft) zu beenden beziehungsweise auszuzahlen oder die Aktien zurückzukaufen (Vorkaufsrechte). Reicht die Liquidität des Eigentümers dafür nicht aus, wird ein schrittweiser Eigentumsübergang mit dafür geeigneten langfristigen Finanzierungen ermöglicht.

Um die österreichische Wirtschaft stabil aus der Krise zu führen, bedarf es also neuer Instrumente: eines Stabilisierungsfonds zur Unterstützung des Bankensektors als Ergänzung zu Staatsgarantien und Haftungen, sowie eines Beteiligungsfonds (Österreich-Treuhand) zur Unterstützung des Unternehmenssektors mit Eigenkapital als Ergänzung zu staatlichen Krediten. Stabilisierungsfonds und Beteiligungsfonds sind so konzipiert, dass sie ergänzend zusammenwirken.

(Wiener Zeitung, 26.3.2020)

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