Andreas Kresbach über die Hetze im Netz und das Versagen des Staates (Kleine Zeitung)

/
Jetzt geht es um die Demokratie

Die tägliche Hetze in den sozialen Medien kann jeden treffen, mittlerweile gibt es auch schon die gezielte staatliche Desinformation im Internet, wie passiert von Russland im US-Präsidentenwahlkampf. Verhetzung und gestreute Falschnachrichten sind längst nicht mehr nur Angriffe gegen Persönlichkeitsrechte von Einzelnen, sondern digitale Munition zur Befeuerung populistischer Propaganda und Meinungsbildung im Netz und damit auch im Hinblick auf politische Entscheidungen und Wahlen. Wie sich ein radikalisiertes Meinungsklima auf die weitere Entwicklung der Demokratie europäischer Prägung oder auf den Bestand westlicher Werte und Grundfreiheiten auswirken könnte, will man sich gar nicht vorstellen. Aber auch aus Amerika gerät die politische Kultur des freien Westens unter Donald Trump, dem Image-Man des weltweiten Populismus, bereits unter Druck. Dazu in Europa rundherum rechtspopulistische Parteien, die mit demokratischen Werten seit jeher auf Kriegsfuß stehen. Mit dem Wähler-Protest gegen die Verwerfungen der Globalisierung entsteht weltweit ein neuer National-Populismus, dessen globaler Angriff auf die Demokratie, den Rechtsstaat, die Menschenrechte, die freien Medien, den Pluralismus und den sozialen Frieden längst in Gang ist. Die Propaganda von einfachen Antworten auf komplizierte Sachverhalte – was man in Österreich ja schon lange kennt – steht heute auf der politischen Tagesordnung. Damit verbunden sind die Sehnsucht nach dem starken Mann, die Abwehr jeglicher Einwanderung und ein Nationalismus als simple Sehnsucht nach der vermeintlichen Idylle von früher.

In den mit Hasspostings und Desinformation befüllten digitalen Medien als offenbar rechtsfreien Räumen liegt das wahre Staatsversagen. Was aber kann eine wehrhafte Demokratie gegen die „Meinungsfreiheit“ des Populismus tun? Es wäre naheliegend, die sozialen Netzwerke zur Selbstkontrolle zu verpflichten, Falschmeldungen oder Hetze auf Antrag zu prüfen, wenn nötig zu löschen und eine Richtigstellung zu veranlassen. Verleumdung oder Verhetzung sind Straftatbestände, deren Ahndung zu den Grundfesten der Demokratie gehört.

(Kleine Zeitung, 16.3.2017)