In der Debatte um die völkisch-nationalistischen bis rechtsextremen Inhalte von Burschenschaften kann nach der NÖ-Wahl nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. Es ist jetzt auch die ÖVP in der Pflicht.
Denn dabei geht es bei Weitem nicht nur um den dortigen FP-Spitzenkandidaten und ein Liederbuch einer Verbindung. Auch die von der Partei für die Burschenschaften angekündigte Historiker-Kommission wird nicht zur Aufklärung reichen. Es geht vielmehr um den aktuellen Umgang der Korporationen mit dieser historischen Belastung und ihrem heutigen Selbstverständnis. Gerade im heurigen großen Gedenkjahr (1918 – 1938 – 2018) wäre die längst fällige Aufarbeitung dieses immer wiederkehrenden Themas eine notwendige Herausforderung. In diesem Sinn wären endlich einmal die Statuten, Veranstaltungen und das verwendete Schriftmaterial (bis zu Liedtexten) der Burschenschaften zu durchleuchten und allfällige problematische Inhalte auf deren Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht und dem Strafrecht zu beurteilen. Eine solche Überprüfung hat große politische Relevanz, sind doch zahlreiche Burschenschafter in der FPÖ engagiert und bilden deren personelles Rückgrat. Sollten dabei etwa rechtsextreme oder den Straftatbestand der NS-Wiederbetätigung erfüllende Inhalte zutage treten, wäre dies für die betroffenen Mitglieder mit öffentlichen Funktionen, Mandaten oder erst recht mit einem Regierungsamt absolut unvereinbar. Für den FPÖ-Innenminister wird dies der Lackmustest sein, ob er sich zu einer solchen Prüfung des Verfassungsschutzes durchringen kann.
Für eine eingehende Auseinandersetzung mit dem leidigen Thema wird es auch nicht reichen, wenn nur Künstler-Initiativen gegen das Treiben von Burschenschaften protestieren. Es ist jetzt auch die ÖVP in der Pflicht. Die katholischen Studentenverbindungen haben diese patriotische Klarstellung immer unmissverständlich gemacht. Im Übrigen sollten gerade jene Korporierten, die ihre Traditionen im Geist der Ur-Burschenschaft von 1848 hochhalten, als erste das größte Interesse daran haben, ihre ursprünglichen Ideale von bürgerlicher Freiheit von der Schande der NS-Verbrechen fernzuhalten.