EU-Kommission: verstärkte Wiederaufbereitung von Medizinprodukten?

/
OP-Handschuhe künftig ein Mehrwegartikel?

Zu Beginn der Hitzewelle in Österreich hat eine Nachricht die Fach- und Publikumsmedien erreicht, die dazu tauglich war, die „Saure-Gurkenzeit“ einzuläuten. Und beim Thema Gurken ist man schnell wieder an den Regulationswahn der EU-Kommission erinnert. Die Hitzewelle ist nun vorbei – und was ist mit den Regulierungen …?

Regulierung der Medizinprodukte – Wiederverwendung

Hier geht es aber um viel brisantere Dinge als Gurken. Die Rede ist von der sehr umfassenden Medical Device Directive. Die regelt sehr detailliert, wie ein Medizinprodukt auszusehen hat.

Schon im April 2014 wurde im Europäischen Parlament in einer ersten Lesung über Änderungen beraten. Aufgrund der EU-Wahl im Mai 2014 und das Ringen um eine neue Kommission wurde das Thema vertagt.

Nun hat sich eben im Juni diesen Jahres die EU-Kommission wieder des Themas angenommen. Mit Brisanz: Denn einer der eingebrachten Vorschläge zielt auf die verstärkte Wiederverwendung von Medizinprodukten ab.

Was grundsätzlich jetzt schon geschieht. Der berühmte Zungenspatel aus Metall, chirurgische Bestecke, oder ähnliche Gerätschaften werden immer schon wiederverwendet. Seit der Erfindung des Autoklaven sind diese Bestecke dann auch nicht nur rein, sondern im Idealfall auch steril.

Ist eine Wiederverwendung immer sinnvoll?

Nun gibt es im Rahmen der aktuellen Diskussion aber Bestrebungen, an sich für den einmaligen Gebrauch bestimmte Produkte in Krankenhäusern, Ordinationen und anderen Gesundheitseinrichtungen leichter wiederverwertbar zu machen. Für manche wird sich das nicht lohnen, für spezielle hochpreisige Produkte kann das aber ein Argument werden. Zwei Problemfelder sind zu berücksichtigen:

Das Qualitätsproblem

Das Produkt entzieht sich so einer standardisierten internationalen Qualitätskontrolle. Es gibt zwar in Österreich strenge Auflagen für Medizinprodukte, die Wiederaufbereitung ist aber nicht einheitlich geregelt. Auch die zugehörige EU-Direktive geht nicht ins Detail.

Das Müllproblem

Einwegprodukte sind nach Gebrauch Müll. Und der fällt täglich tonnenweise an. 2012 waren es alleine in Österreich 35.000 Tonnen. Für dessen Behandlung gibt es entsprechende Regulative. Somit wäre aus ökologischer Überlegung heraus die Vermeidung von Medizinmüll eine große Herausforderung. Ein Vorstoß in Richtung vermehrter Wiederverwendung wäre eigentlich zu begrüßen.

Aber auch bei der Wiederverwendung fällt Müll an, was aber bei einer vernünftigen Verpackungsplanung minimierbar ist. Die teilweise ausufernde Verpackungswut der Medizinproduktehersteller ist manchmal schon irrational. Da kann es schon einmal passieren, dass man sechs Schichten auspacken muss, bis man an das sterile Medizinprodukt herankommt. Materialmix mit exorbitantem Kunststoffanteil inklusive.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, woher die Motivation für den Vorstoß zur Wiederverwendung von Medizinprodukten kommt. Denn es verdienen am Einwegprodukt alle. Der Produzent, die Zulieferer, der Transporteur, die Abfallwirtschaft. Letztere besonders gut, weil von den genannten 35.000 Tonnen in Österreich immerhin 2.000 Tonnen deponiepflichtiger Sondermüll sind. Und solange es sich wirtschaftlich nicht lohnt, wiederverwendbare Materialien aus diesen Müllbergen zu recyceln (Kanülen, Metallabfälle, Kunststoffe), wird das auch nicht geschehen.

Somit scheint der Vorschlag die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten zu forcieren, fast ein „grüner“ Ansatz zu sein. Dass bloß die Ökologie der treibende Grund dafür ist, darf aber dennoch bezweifelt werden.

Leichter hätte man es da mit den EU-Gurkerln. Die sind irgendwann Biomüll. Man darf also gespannt sein, ob es in Hinkunft wiederverwendbare Herzschrittmacher gibt, oder Hüftprothesen nach Ableben der Träger in den Nachlass zu rechnen sind.

Wirklich entscheidend ist die Frage der medizinischen Sicherheit und Qualitätskontrolle – und die ist mit den geplanten Regulierungsvorschriften nicht ausreichend EU-weit geklärt.

 

Eiko Meister, Die Weis[s]e Wirtschaft