Peter Brandner zu Föderalismus und Steuerwettbewerb (Wirtschaftsnachrichten Donauraum)

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Heiß umfehdet, wild umstritten – Föderalismus auf dem PrüfstandGegenwärtig generieren die Bundesländer nur wenige Prozent ihrer Einnahmen durch eigene Abgaben. Landeshauptmänner westlicher Bundesländer wollen eine Steuerautonomie für Länder rasch in Angriff nehmen. Das erweckt den Eindruck, dass die Frage der Steuerautonomie zentrales Thema einer Föderalismusdiskussion sei. Übersehen wird, dass Steuerhoheit unterschiedlicher Gebietskörperschaften nicht zwingend mit Föderalismus verknüpft sein muss.

So spannend die Steuer-Frage ist, sie zäumt das Föderalismus-Pferd von hinten auf. Viel wichtiger und vorab zu klären ist die Kompetenzfrage, also welche Aufgaben von Bund, Ländern und Gemeinden zu erfüllen wären – beurteilt nach ökonomischen, nicht machtpolitischen Kriterien. Bei einer Reform des Föderalismus spielen mehrere Konzepte eine wichtige Rolle.

Das Subsidiaritätsprinzip fordert, dass öffentliche Leistungen dann auf eine höhere staatliche Ebene übertragen werden sollen, wenn die untere Ebene diese nicht bzw. nicht effizient erbringen kann. Die damit verbundene Nähe der Bürger zu Politik und Verwaltung erlaubt, auf regionale Präferenzen und Bedürfnisse besser einzugehen. Allerdings könnten Größenkostenvorteile durch einheitliche Standards und Verbundvorteile unter Umständen nicht oder nur begrenzt genutzt werden.

Konkretisiert wird das Subsidiaritätsprinzip durch das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz: Nutznießer und Kosten- bzw. Finanzierungsträger öffentlicher Leistungen sollen möglichst übereinstimmen. Stimmt dieser Personenkreis zusätzlich mit dem Kreis der Entscheidungsträger überein, wäre institutionelle Kongruenz gegeben.

Gemessen an diesen Prinzipien weist Österreich erhebliche (systemische) Schwächen auf. Eine Föderalismusreform müsste mit einer Aufgabenreform starten, gefolgt von eine Entflechtung intransparenter Finanzierungsströme zwischen den Gebietskörperschaften.

Gute Gründe sprechen dafür, große Ausgabenbereiche wie Gesundheit (Stichwort Spitalsplanung) und Bildung auf Bundesebene zu regeln. Aufgaben wie vorschulische Kinderbetreuung oder Altenpflege hingegen auf Gemeinde- bzw. Bezirksebene. Es zeigt sich, dass es kaum Aufgaben gibt, die ökonomisch effizient auf Länderebene anzusiedeln wären. Folglich sollte eine Stärkung subsektoraler Steuerautonomie auf Gemeindeebene durch Zuschläge zur Lohn- und Einkommensteuer (keinesfalls geeignet wäre die KöSt) erfolgen – nachdem der dann neue „Bundes“-Basistarif kräftig gesenkt worden war.

Ob föderaler Wettbewerb („Markt“) die Leistungsfähigkeit des Staates stärkt, ist aus theoretischer Sicht nicht eindeutig. Es gibt empirische Evidenz, dass die Deckung subsektoraler Ausgaben durch eigene subsektorale Einnahmen zu geringeren Defiziten und Staatsverschuldung führt. Eine Studie mit dem Ergebnis, Steuerwettbewerb auf Bundesländereben würde die Zahl an öffentlich Beschäftigten um 25 bis 35 Prozent reduzieren und gleichzeitig die Wohlfahrt um ein bis 1,5 Prozent erhöhen, ist allerdings nicht ernst zu nehmen.

Steuerwettbewerb ist kein Ersatz für einen Finanzausgleich („Politik“), beide bedingen einander. Die Heterogenität der Gebietskörperschaften macht jedenfalls einen Lasten-, Leistungs- und Ressourcenausgleich notwendig.

„Die Steuerautonomie für die Länder wird es wohl nie geben“ – nimmt man den Grundsatz „Finanzierung folgt Aufgabe“ ernst, könnte dieses aktuelle Zitat des steirischen Landeshauptmanns als ungewollte Aussage über die Aufgabenverteilung Bund-Länder-Gemeinden verstanden werden.

(Wirtschaftsnachrichten Donauraum 10/2018)

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