Peter Brandner zur Mietpreisbremse (Wiener Zeitung)

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Der Deal zur Mietpreisbremse – ausgebremst?

Noch besteht Hoffnung, dass ein weiterer Kollateralschaden an der Marktwirtschaft verhindert wird.

Die Grünen fordern einen Mietpreisdeckel, die ÖVP im Tausch dafür die Streichung der Grunderwerbsteuer beim ersten Eigenheim (bis 500.000 Euro) sowie steuerliche Förderungen von thermischen Sanierungen. Das Scheitern der Verhandlungen ist aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht zu begrüßen, weil die Vorschläge aus unterschiedlichen Gründen höchst problematisch sind.

Reale Wertsicherung eines vertraglich nominell vereinbarten Entgelts kann entweder regelmäßig verhandelt (Löhne am Arbeitsmarkt) oder durch Vereinbarung einer Indexierung (Versicherungsverträge, Mieten) erfolgen. Der willkürliche Eingriff in eine sinnvolle Wertsicherungsklausel entspricht ökonomisch betrachtet einer Enteignung. Und das in einem – die Höhe der Vertragsmiete betreffend – ohnehin extrem regulierten Markt.

Vergessen wird in der Debatte, was eigentlich die Aufgabe der staatlichen Sozialpolitik wäre: nämlich dort treffsicher zu helfen, wo es nötig ist, mit Miet-, Heizkosten- und anderen Zuschüssen.

Die Gefahr ist noch nicht gebannt, dass diese sozial nicht treffsicheren (Gießkanne) und wettbewerbsverzerrenden (einen Mietwohnungs-Teilmarkt treffenden) Maßnahmen zu Lasten einer willkürlich definierten Gruppe (Eigentümer von Wohnungen, deren Vermietung den Richtwertmieten unterliegt) doch noch im Zuge einer Sondersitzung des Nationalrats beschlossen werden. Das wäre eine Zwangsprivatisierung der Sozialpolitik, verschlimmbessert durch einen Deal zur Teilbefreiung von der Grunderwerbsteuer (reiner Mitnahmeeffekt) und selektive Investitionsförderung, jeweils zu Gunsten einer willkürlich definierten Gruppe.

Da der Wohnungsmarkt nicht dem idealtypischen Wettbewerbsmodell entspricht, sind staatliche Eingriffe unumgänglich: Konsumentenschutz, Wettbewerbsneutralität. Der fragmentierte Mietwohnungsmarkt (Voll-, Teil- oder keine Anwendung es Mietrechtsgesetzes; Genossenschaftsmieten) sollte daher neu gestaltet werden. Und zwar auf Basis mietrechtlicher Regelungen, die sämtliche Wohnungsmietverträge umfassen, und unsachliche Differenzierungen vermeiden. So wie es „Die Weis[s]e Wirtschaft“ im Detail schon lange vorschlägt. Und ganz wichtig: Es gilt den sozialen Wohnbau zu stärken, der per se mietpreisdämpfend wirkt.

Die Grunderwerbsteuer – eine Transaktionssteuer mit all ihren inhärent negativen Auswirkungen (Liquidität, Lock-in-Effekte) – wäre generell zu streichen, gegenfinanziert durch eine höhere Grundsteuer.

Zu streichen wären sämtliche steuerliche Förderungen im Zusammenhang mit Wohnungseigentum – also auch ein Ende der Sparförderung für Immobilienveranlagung. Insbesondere die Steuerbefreiung des laufenden Ertrags der selbstgenutzten Immobilie (imputierte Miete, also der Wert der bei Vermietung auf dem Markt erzielbar wäre). Dies bewirkt eine enorme Verzerrung gegenüber Veranlagungen am Kapitalmarkt, die der Kapitalertragsteuer unterliegen. Diese wird durch die geringe Grundsteuer nicht korrigiert.

(Wiener Zeitung, 2.3.2023)

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