Bildungsreform 2015 – Machtpolitik oder Sachkompetenz? (2-2)

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Die großen Themenbereiche, die in den Überlegungen des am 17.11.2015 der Öffentlichkeit vorgestellten Reformpapiers angeschnitten wurden, waren: Elementarpädagogik, Verwaltungsreform, Schulautonomie, Digitaler Unterricht.

Verwaltungsreform

Als markanteste Punkte der Verwaltungsreform wurden medial die Schaffung von Bildungsdirektionen und die Abschaffung der Landesschulratskollegien präsentiert: In Zukunft darf sich ein Landeshauptmann einen Bildungsdirektor aussuchen, das Ministerium bestellt ihn dann, theoretisch ist er ein Diener zweier Herren. Worin hier die Reform liegt, wenn das Kompetenz Wirrwarr bleibt, bleibt den meisten Bildungsinteressierten unbegreiflich – ein neuer Name für ein altes Prinzip?

Einzig neu und auch vernünftig erscheint die Abrechnung aller Lehrer über das Bundesrechenzentrum. Damit sollte bekannt sein, wo ein Lehrer arbeitet und wieviel. Aber was nützt das Wissen, wenn keine Veränderung herbeigeführt werden kann?

Die Abschaffung der Landesschulratskollegien schmerzt nicht sehr, aber sie bringt auch nichts, denn diese Gremien haben nur wenige Male im Jahr getagt, die Besetzungen waren nach parteipolitischen Proporz, und abgestimmt wurde, was vorher de facto schon anders wo zwischen Landesschulrat und Landeshauptmann entschieden wurde.

Alle Bundesländer streiten bei Schulleiterbestellungen politische Bestellungen ab, und doch passiert es in jedem Bundesland. Ob hier wirklich bundesweit einheitliche und objektive Verfahren durchsetzbar sind, bleibt fraglich. Wie man in diesem Bereich auf ein errechnetes Einsparungspotential von 6 Millionen Euro kommt, ist nicht nachvollziehbar, und angesichts eines strukturellen Defizits im Unterrichtsbudget von 145 Mill. Euro bloß ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Schulautonomie

An diesem Begriff hingen große Hoffnungen vieler Gruppen, angefangen bei den Schülern und Eltern bis zu den Direktoren selbst. Auch hier ist der höchst unterschiedliche Status quo zu betrachten: Schon jetzt hat eine HTL ganz andere Möglichkeiten als z.B. eine Volksschule, und natürlich auch einen anderen Bedarf. Von Seiten der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) kam daher auch die Kritik, dass es hier eigentlich keine Verbesserungen gibt. Im Gegenteil – vor kurzem noch wurden die BMHS zu einer einheitlichen Beschaffung aller Einrichtungen, ja sogar der hauseigenen IT inkl. Servicierung der Netzwerke durch die Bundesbeschaffung gezwungen (selbst wenn an einer HTL etwa ganze Informatikabteilungen mit Professoren und Fachlehrern verfügbar sind).

Wie flexibel kann man angesichts zentraler Reifeprüfungen und Bildungsstandards nebst anderen zentralen Testformaten einen Lehrplan gestalten? Selbst die Freude, die Unterrichtsbeginnzeit wählen zu dürfen, hält sich in Grenzen, denn schon jetzt muss sich in ländlichen Gebieten jede Schule nach den Verkehrsmitteln richten. Gut, Volksschulen dürfen jetzt selbst entscheiden, ob sie in den ersten 3 Jahren Noten oder verbale Beurteilung einsetzen (früher war ein Antrag um Schulversuch einzureichen).

Das heikle Thema „Wanderpokale“ (das sind Lehrer, die an mehreren Schulen Schwierigkeiten verursachen, pädagogisch inkompetent sind, und eventuell psychische Probleme haben) wird nicht gelöst. Diese Nichtlösung kann nicht der Lehrergewerkschaft in die Schuhe geschoben werden, da es keine konkreten Vorschläge und wohl auch keinen Lösungswillen gab.

In den Bereich der Schulautonomie fällt ab jetzt das Supportpersonal, also Schulpsychologen, Sozialarbeiter, Mediatoren und Verwaltungspersonal: Direktoren dürfen sich ab sofort solches selbst anfordern, allerdings auch selbst aus dem Lehrerbudget finanzieren. Somit muss ein Direktor entscheiden, was ihm wichtiger ist, eine Teilung in einer Sprache, eine unverbindliche Übung zum Schulschwerpunkt, ein Förderkurs – oder eben psychologische Betreuung. Also echtes Sparen im Klassenzimmer, ein gebrochenes Versprechen. Dieser Punkt erregt alle Schulpartner gleichermaßen.

Bilanz des gesamten Reformvorhabens

Außer einer für den Bund transparenteren Lehrerabrechnung nichts wirklich Griffiges. Sieger in der Reformkommission waren einmal mehr die Landeshauptleute, auch wenn sie die gesamte Lehrerabrechnung nicht bekommen haben. Verlierer sind eindeutig die Schulpartner – alle. Sie wurden in ihren Rechten massiv beschnitten.

War da noch was?

Wie von Fachleuten prophezeit, wird das neue Lehrerdienstrecht von allen Landeslehrern angenommen, aber bis heute nicht von einem einzigen Bundeslehrer.

Auch die verordnete Zusammenarbeit zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten ist noch ein langer Prozess und erst in einer der 4 Regionen soweit umgesetzt, dass die Ausbildung der Lehrer für die Sekundarstufe im Herbst mit einem gemeinsamen Curriculum gestartet hat. Der Erfolg kann frühestens in 6 Jahren begleitend evaluiert werden. Dass es nicht leicht ist, hier gemeinsame Wege zu beschreiten, ist daran zu erkennen, dass in 3 Regionen noch immer um die Curricula gerungen wird, die Kritik von Fachleuten vor allem an den Pädagogischen Hochschulen und ihren Strukturen wurde jedoch von politischer Seite schubladisiert.

So „erfolgreich“ sind bisherige Reformen – und da rufen manche nach noch mehr?

 

Susanne Schmid, Die Weis[s]e Wirtschaft

Und davor Teil 1 : Gesamtschule, Elementarpädagogik, Bildungskompass, Digitaler Unterricht